Scheidungsrecht: binationale Ehen

Juni 15th, 2012 | Familienrecht Chile


Binationale Ehen: Am 21.06.2012 wird die vom Rat der Europäischen Union am 20.12.2010 beschlossene neue europäische Verordnung Nr. 1259/2010 in Kraft treten. Diese Verordnung ist gültig für alle Ehescheidungen und Trennungen ohne Auflösung der Ehe in den Fällen, bei denen eine Verbindung zum Recht verschiedener Staaten besteht, also für binationale Ehen. Das bei Scheidungen in Deutschland bisher angewandte nationale Scheidungsrecht nach dem BGB wird damit unwirksam.

Die europäische Verordnung dient vorrangig der klaren Regelung des Anwendungsrechts für binationale Ehen in Deutschland und Europa und verfolgt auch das Ziel einer Vereinheitlichung des Scheidungsrechts in Europa.

Folgende Änderungen sind zu verzeichnen:


1. Scheidung einer binationalen Ehe (hier: deutsch – chilenisch):
Ehegatten binationaler Ehen können ab dem 21.06.2012 vereinbaren, nach welchem Recht ihre Ehe geschieden werden soll. Bisher wurden solche Ehen, wenn das Ehepaar in Deutschland gelebt hat, unter Beachtung eines Trennungsjahres nach deutschem Recht geschieden. Nach der neuen Verordnung können die Ehegatten nun in einem vorsorgenden Ehevertrag oder nach einer nach der Trennung geschlossenen Vereinbarung festlegen, dass für die Scheidung ihrer Ehe beispielsweise das chilenische Recht gelten soll. Das deutsche Gericht wird dann die Ehe nach chilenischem Recht scheiden.


2. Scheidung einer Ehe zwischen zwei chilenischen Staatsbürgern mit ständigem Aufenthalt in Deutschland:
Bisher wurde in diesen Fällen die Scheidung in Deutschland nach chilenischem Recht durchgeführt. Ab dem 21.06.2012 ist jedoch der gewöhnliche Aufenthalt bei dem anzuwendenden Scheidungsrecht maßgebend. Wohnen beide chilenischen Ehegatten in Deutschland, gilt somit das deutsche Scheidungsrecht.


3. Scheidung einer Ehe zwischen zwei deutschen Staatsbürgern, die eine Zeit lang im Ausland (hier: Chile) gelebt haben:
Gesetzt den Fall, ein deutsches Ehepaar (S und P) lebte während der Ehe in Chile. Dort kam es zur Trennung und der Ehegatte S kehrte nach Deutschland zurück, Ehegatte P bleibt in Chile. Nach einem Trennungsjahr stellt Ehegatte S in Deutschland einen Scheidungsantrag. Nach der neuen Verordnung Rom III gilt jetzt das Recht des Staates, in dem beide Ehegatten zuletzt ihren gewöhnlichen Aufenthalt hatten (sofern dieser Aufenthalt nicht vor mehr als einem Jahr endete und einer der Ehegatten zum Zeitpunkt der Anrufung des Gerichts dort noch seinen gewöhnlichen Aufenthalt hat). Im vorliegenden Fall wäre bei der Scheidung folglich das Recht Chiles anzuwenden, welches als Scheidungsvoraussetzung ebenfalls eine 1-jährige Trennungszeit vorsieht.