Kaufverträge in Chile – Anweisungen an den Notar

April 13th, 2015 | Immobilienrecht Chile


I. Allgemein

Bei der Beurkundung von Immobilienkaufverträgen ist es in Chile (in der Praxis) üblich, dem Notar Anweisungen zu erteilen. Diese Vorschriften dienen dazu, den Notar mit der Verwahrung von Geldern, Wertgegenständen oder sonstigen Unterlagen zu beauftragen, welche er den Parteien oder Dritten auszuhändigen hat, sobald bestimmte, von den Parteien vereinbarte Bedingungen oder Anforderungen erfüllt worden sind.


II. Kaufgeschäfte

In der Regel enthalten Kaufverträge in Chile ergänzende Vorschriften für den Notar, nach denen der Notar beauftragt wird, Gelder, Wertgegenstände oder Anordnungen für die Zahlung des Kaufpreises zu verwahren und dem Verkäufer auszuhändigen hat, sobald z. B. das Eigentum formell auf den Namen des Käufers eingetragen worden ist.

Öffentlich beurkundete Kaufverträge enthalten oft eine Erklärung der Parteien, dass der Preis bezahlt worden ist, selbst wenn die Zahlungsanordnung bzw. -anordnungen zusammen mit den entsprechenden Vorschriften – wobei diese Vorschriften von beiden Parteien unterzeichnet sein müssen – zunächst beim Notar hinterlegt werden, damit dieser sie dem Verkäufer aushändigt, sobald gewisse, in den Vorschriften genannte Voraussetzungen erfüllt sind, bzw. damit der Notar die bei Nichterfüllung der Voraussetzungen dem Käufer zurückgibt.

Ebenso ist es gängige Praxis, im Kaufvertrag die Zahlung des Preises zu bestätigen, auch wenn diese tatsächlich erst später, durch die Einlösung der Zahlungsaufforderung erfolgt.

Das chilenische Recht sieht vor, dass die Vorschriften für den Notar, falls sie von der öffentlich beurkundeten Vereinbarung zwischen den Parteien abweichen, eine Änderungsurkunde darstellen, welche gegenüber Dritten keine Rechtswirkung entfaltet. Allerdings ist diese Änderungsurkunde zwischen den Parteien in vollem Umfang rechtswirksam, wobei sie vor der abgeänderten öffentlichen Urkunde Vorrang hat.


III. Beweiskraft

Zwischen den Parteien stellen die Vorschriften für den Notar ein geeignetes Beweismittel dar, anhand dessen eine teilweise oder vollständige Nichtzahlung des Kaufpreises belegt werden kann, selbst wenn der Kaufpreis im öffentlich beurkundeten Kaufvertrag als bezahlt erklärt wurde.


IV. Modifizierung

Der Notar ist verpflichtet, die von den Parteien vereinbarten notariellen Vorschriften wörtlich zu erfüllen. Sie können von keiner der Parteien einseitig in irgendeiner Form widerrufen oder abgeändert werden. Allerdings können die Beteiligten einvernehmlich den Inhalt der genannten Vorschriften in derselben Weise ändern, in der diese ursprünglich ausgestellt wurden.


V. Aufhebungsvertrag

Die Vorschriften für den Notar können eine Auflösungsklausel enthalten, die den Notar befugt, dem Käufer die von ihm beim Notar hinterlegte Zahlungsanordnung zurückzugeben, wenn der Verkäufer seiner Pflicht nicht nachkommt, innerhalb einer bestimmten Frist zu bestätigen, dass die notariellen Vorschriften für die Aushändigung der genannten Zahlungsanordnung erfüllt worden sind.

In diesem Fall ist der Käufer seinerseits verpflichtet, die vertragsgegenständliche Immobilie zurückzugeben und eine öffentlich beurkundete Aufhebungsvereinbarung zu unterschreiben, durch die der Kaufvertrag aufgelöst wird. Erst dann hat der Käufer Anspruch auf die Aushändigung des vom Notar für die Zahlung des Preises verwahrten Schriftstücks.

Bild: Rainer Sturm / pixelio.de